Hermann Alexander Graf Keyserling wurde am 20. Juli 1880 in Könno, Gouvernement Livland (heute Estland), dass damals noch zu Russland gehörte, geboren. Er studierte zunächst Geologie und wurde 1902 in diesem Fach promoviert. Er danach kam er zur Philosophie, wollte sich auch habilitieren, entschied sich jedoch dagegen und für ein Leben als freier Schriftsteller. 1920 gründete er die "Schule der Weisheit" in Darmstadt. Durch die Nationalsozialisten verlor die Schule mehr und mehr an Bedeutung.1944 wurde sie völlig zerstört. Keyserling plante einen Neubeginn in Innsbruck, wozu es aber nicht mehr kam, weil er am 26. April 1946 in Aurach (bei Kitzbühl) starb.

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Für Keyserling steht der Begriff „Leben“ nicht unbedingt im Zentrum seines Denkens, sondern er ist eng mit dem „Sinn“ verknüpft. Dennoch gehört er damit zum Kreis der Lebensphilosophen. Er unternahm 1911 eine Weltreise durch Asien und Nordamerika, das durch den Krieg verspätet, 1919 erschien. Dieses Reisetagebuch eines Philosophen ist gleichsam Keyserlings Hauptwerk. „Der kürzeste Weg zu sich selbst führt um die Welt herum“ sagt er darin und man sieht es auf den ersten Blick, es geht ihm um die Selbstfindung. So ist das Buch auch kein reiner Reisebericht, sondern es handelt sich um eine Reise zu sich selbst. Interessant ist, dass er auch schildert, wie ihn seine unzähligen Eindrücke der Reise passiv berühren. Besonders angetan hat es ihm dabei Indien mit seinem dynamischen Wahrheitsbegriff, der seinen Sinn transfiguriert.

Seine Südamerikanische Meditationen berichtet hingegen von einer anderen Reise – eben durch Südamerika. Es ist für Keyserling das Land des „dritten Schöpfungstages“ und erschien 1932. Südamerikaner sind für ihn Erdmenschen, die mit der „Ur-Angst“ dem „Ur-Hunger“ verbunden sind. Die blinde Urkraft des erdgebundenen Lebens ist „Gana“, ein Begriff aus dem Spanisch-Portugiesischen, der so viel wie „Verlangen“ und „Lust“ bedeutet. 

1947 erscheint posthum das Buch vom Ursprung, wiederum durch Kriegswirren verspätet. Hierin unterscheidet er wieder zwischen dem Erdhaften und Geistigen. Hinter Natur und Geist findet sich das, was Keyserling als Sinn bezeichnet.